Q&A: Szenarien zur Berechnung der Kosten für die Verkehrswende in Deutschland

Fragen und Antworten zur Studie

Was war das Untersuchungsziel der Studie „Szenarien zur Berechnung der Kosten für die Verkehrswende in Deutschland“?

In der Studie wurden die Ausgaben und die volkswirtschaftlichen Kosten des Verkehrssektors analysiert und die Kostenimplikationen der Verkehrswende untersucht. Es wurden keine politischen Handlungsempfehlungen gegeben, vielmehr ging es darum, die möglichen Kostenentwicklungen auf dem Weg zur Klimaneutralität im Verkehr transparent zu machen und mit einem Referenzszenario zu vergleichen.

Zum Ergebnisbericht Verkehrswende als Mehrwert.

Zum Gutachterbericht „Szenarien zur Berechnung der Kosten für die Verkehrswende in Deutschland“.

Was ist das Kernergebnis?

In Deutschland kann Klimaneutralität erreicht werden, ohne dass dies zu zusätzlichen Kosten für die Volkswirtschaft oder Einschränkungen in der Mobilität führt. Um dies zu erreichen, sind jedoch veränderte politische Rahmenbedingungen erforderlich. Darüber hinaus sind kurzfristig höhere Investitionen in die Elektrifizierung von Fahrzeugen sowie in Lade- und Schieneninfrastrukturen notwendig.

Warum ist die Studie relevant?

Die Studie gibt einen umfassenden Überblick über die Kosten des Verkehrssektors. Außerdem zeigt sie auf, dass vor allem frühzeitige Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor zwar zunächst mit höheren Kosten und Ausgaben verbunden sind, dass dieses Geld aber sinnvoll investiert ist und sogar mit langfristigen finanziellen Vorteilen verbunden wäre. Die Studie liefert damit eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für mögliche politische Entscheidungen.

Worauf basieren die verschiedenen Szenarien?

Das Referenzszenario bildet die aktuelle Politik ab und ist angelehnt an das „Mit weiteren Maßnahmen-Szenario“ aus dem Projektionsbericht 2023 für Deutschland. Im Fokus der Erarbeitung der beiden Zielszenarien stand die Beantwortung der Frage: Wie sieht ein klimaneutrales Verkehrssystem aus und auf welchem Pfad ist ein solches zu erreichen? Alle Szenarien beruhen auf den gleichen gesamtmodalen Verkehrsentwicklungen und Rahmendaten.

Die beiden Zielszenarien basieren auf dem Szenario Klimaneutrales Deutschland 2045 und unterscheiden sich in der Umsetzungsgeschwindigkeit von Klimaschutzmaßnahmen. Im ersten Zielszenario werden schnelle Maßnahmen ergriffen, um das ursprüngliche Ziel von 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten zu erreichen. Im zweiten Zielszenario sind die kumulierten Treibhausgasemissionen bis 2045 gleich hoch wie im ersten Zielszenario, jedoch wird erst nach 2030 verstärkt in Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor investiert.

Die Szenarien skizzieren verschiedene Pfade auf dem Weg zur Verkehrswende, auf welchem Pfad würden die meisten Kosten entstehen?

Insgesamt liegen die Kosten in allen drei Szenarien in einer ähnlichen Größenordnung. Ohne Berücksichtigung der Klimaschadenskosten ist über den gesamten Analysezeitraum von 2019 bis 2023 das Zielszenario 1 leicht (1,4 Prozent) und Zielszenario 2 moderat (6,5 Prozent) teurer als das Referenzszenario. Werden die Klimaschadenskosten auch berücksichtigt, dann sind die Kosten bei den Szenarien Referenz und Ziel 1 praktisch gleich hoch, während bei beim Zielszenario 2 Mehrkosten in der Höhe von rund 500 Milliarden Euro (5 Prozent gegenüber Referenzszenario) verbleiben.

Was ist der Unterschied zwischen Ausgaben und Kosten?

Die Ausgaben umfassen Zahlungen von privaten und juristischen Personen sowie der öffentlichen Hand. Für investive Ausgaben (CapEx) in Güter wie Fahrzeuge, Züge oder Lade- und Verkehrsinfrastruktur werden sowohl Ausgaben als auch Kosten berücksichtigt. Die Kosten werden als Annuitäten berechnet, was bedeutet, dass die Ausgaben verzinst über die Lebensdauer der Güter verteilt werden. Bei den CapEx wird also zwischen Ausgaben und Kosten unterschieden, während bei den laufenden Kosten (OpEx) – wie Energiekosten, Personalkosten und Wartungskosten – nur die Ausgaben betrachtet werden, die im jeweiligen Jahr anfallen. Sowohl die Ausgaben als auch die Kosten werden in dieser Studie inflationsbereinigt auf der Preisbasis des Jahres 2022 dargestellt.

In welchem Szenario würden die meisten Treibhausgase ausgestoßen?

Die kumulierten Treibhausgasemissionen sind im Referenzszenario am höchsten. Im Zielszenario 2 verläuft der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 gleich wie im Referenzszenario, danach werden die Emissionen jedoch drastisch reduziert, sodass die kumulierten Emissionen von Zielszenario 2 denen von Zielszenario 1 entsprechen. Beide Zielszenarien erreichen im Jahr 2045 Klimaneutralität.

Werden in den Szenarien die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen einbezogen?

In allen drei Szenarien werden insgesamt gleich viele Kilometer zurückgelegt – sowohl im Personen- wie auch im Güterverkehr. Damit wird die Mobilität in den Szenarien gewahrt, wenn auch mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln bedient. In den Zielszenarien wird eine stärkere Verlagerung hin zu klimaschonenderen Verkehrsträgern angenommen. Deshalb ergeben sich strukturelle Unterschiede zwischen den Szenarien, die in der Studie näher beschrieben werden.

Wie hat Prognos die ökonometrischen Modelle eingesetzt, um die Szenarien zu berechnen?

Für die Berechnungen wurde das Prognos-TEMPO-Modell genutzt. Mit TEMPO lassen sich die Verkehrsnachfrage, die Antriebstechnologien, der Energieverbrauch nach Energieträgern sowie die Treibhausgasemissionen im Sektor Verkehr bestimmen. Es wird unter anderem zur Modellierung von Energieszenarien und zur Wirkungsabschätzung von politischen Maßnahmen verwendet. Die Modelle sind im Anhang zum Gutachterbericht genauer dokumentiert.

Was sagen die Ausgaben- und Kostentabellen im Ergebnisbericht aus?

Eine rasche und entschlossene Umsetzung der Verkehrswende (Antriebs- und Mobilitätswende), die bereits in den nächsten Jahren beginnt und klare politische Maßnahmen beinhaltet, verspricht nicht nur die Einhaltung der gesetzlichen Klimaziele, sondern würde langfristig auch zu volkswirtschaftlichen Kostenvorteilen führen.

Es kommt zwar gegenüber der Referenzentwicklung in einigen Bereichen zu Mehrkosten/-ausgaben (Infrastruktur, Personal, Züge), diese würden jedoch durch Einsparungen in anderen Bereichen überkompensiert (Fahrzeuge, Energie, Wartung, Klimaschadenskosten). Die Unterschiede zwischen den Ausgaben und Kosten werden weiter oben erläutert.

Die Sektorziele im Klimaschutzgesetz sind aufgehoben, wirkt sich das auf die Aussagekraft der Studie aus?

Mit der am 26. April 2024 beschlossenen Novelle des Klimaschutzgesetzes entfallen die Sektorziele nunmehr in ihrer verbindlichen Form, auch wenn sie als „Orientierungsgrundlage“ im Gesetz enthalten bleiben. Maßgeblich für die Verpflichtung zur klimapolitischen Nachsteuerung sind die Emissionsziele in einer sektorübergreifenden Betrachtung für Deutschland insgesamt. Die Klimaziele für 2030, 2040 und 2045 bleiben unverändert. Die Einhaltung wird mittels einer sektorübergreifenden mehrjährigen vorrausschauenden Gesamtrechnung kontrolliert. Bei einer Überschreitung der Gesamtemissionen muss die Bundesregierung Maßnahmen zur Umsteuerung vorlegen.

Es geht in der Studie um konkrete Kosten für Infrastruktur, Personal usw. Woher soll jeweils das Geld dafür kommen?

Die Beantwortung der Frage nach der Finanzierung der notwendigen Investitionen ist zentral für die gesellschaftliche Akzeptanz und politische Durchsetzbarkeit der Verkehrswende. Weiterführende Forschung in diesem Kontext ist daher unerlässlich.

Grundsätzlich ist es Aufgabe der Bundesregierung, die im Klimaschutzgesetz festgelegten Klimaziele zu erreichen. Die Politik steht daher in den nächsten Jahren vor der Aufgabe, auf den verschiedenen administrativen Ebenen durch klare Vorgaben und unterstützende Rahmenbedingungen die Weichen für entsprechende öffentliche wie private Investitionen und damit für eine erfolgreiche Transformation des Verkehrssektors zu stellen.

Welche Kosten wurden in der Studie berücksichtigt? Welche nicht?

Es wurden Ausgaben und Kosten für Fahrzeuge und Züge, Infrastruktur, Personal, Energie, Wartung und externe Klimaschadenskosten berücksichtigt. Im Rahmen dieser Studie wurden die volkswirtschaftlichen Kosten betrachtet, entsprechend sind keine Steuern und Abgaben enthalten. Auch die Kosten des Flugverkehrs und der Schifffahrt wurden nicht betrachtet. Bei den externen Kosten wurden nur die Klimaschadenskosten berechnet.

Welche Kosten kämen auf Einzelpersonen zu?

Die Kosten für Einzelpersonen etwa aufgrund von Fahrpreis- oder Steuererhöhungen waren nicht Teil der Untersuchung.

Presseanfragen

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