Digitale Anwendungen haben das Potenzial, die Gesundheitsversorgung zu unterstützen und zu verbessern sowie Abläufe und Prozesse sektorenübergreifend und effizienter zu gestalten. Doch unter welchen Bedingungen kann es gelingen, digitale Anwendungen in der therapeutischen, pflegerischen und ärztlichen Versorgung zu etablieren? Um dieser Frage nachzugehen, gründete das Bundesministerium für Gesundheit die Initiative Zukunftsregion Digitale Gesundheit (ZDG) Berlin-Brandenburg, die – von Prognos wissenschaftlich begleitet – mehrere App-Testungen durchgeführt hat.
Qualität der Konzeptionsphase ist ausschlaggebend für den Erfolg
Während der zweijährigen Projektphase sammelte das Projektteam wichtige Erkenntnisse, die es bei der Einführung digitaler Anwendungen in der Gesundheitsversorgung zu beachten gibt.
- Potenzielle Nutzerinnen und Nutzer sollten bei der Integration digitaler Anwendungen möglichst von Beginn an einbezogen werden. Projektleiterin Laura Sulzer betont: „Im Vorfeld ist eine intensive Analyse zur Definition aller Zielgruppen und ihrer Bedürfnisse essenziell.“
- Ein Hindernis: Die nötige Infrastruktur (Internet, Software, Hardware) ist in den beteiligten Einrichtungen des Gesundheitswesens oft nicht vorhanden.
- Um die Potenziale digitaler Anwendungen nutzen zu können, müssen technische Schnittstellen etabliert werden. Denn die zahlreichen Einzelanwendungen müssen miteinander „sprechen“ können, um einen Mehrwert für die Versorgung und Behandlung bieten zu können.
- Digitale Anwendungen entlasten nicht automatisch. Sie können sogar einen zusätzlichen Aufwand verursachen. Häufig wird der Einführungs-, Lern- und Schulungsaufwand bei der Implementierung der neuen Anwendungen unterschätzt.
- Dies kann dazu führen, dass die digitalen Anwendungen als nicht praktikabel bewertet und folglich nicht genutzt werden. Zudem ist es wichtig, die anfallenden Aufgaben auf verschiedene Schultern zu verteilen. Nur durch eine interdisziplinäre und intersektorale Zusammenarbeit kann eine nachhaltige Integration digitaler Anwendungen erreicht werden.
- Damit digitale Technologien ihren Mehrwert bestmöglich entfalten können, sind strukturelle Veränderungen sowie die Entwicklung neuer Routinen und Prozesse erforderlich. Dazu gehören beispielsweise die Anpassung von Rollenbeschreibungen und Abläufen sowie die Definition neuer Tätigkeitsprofile und Verantwortlichkeiten.
Apps im Check
Im Rahmen der ZDG wurden mehrere App-Testungen unter Federführung des BMG durchgeführt. In den ersten beiden App-Testungen standen Ärztinnen und Ärzte sowie Physiotherapeutinnen und -therapeuten als Bindeglied zu den Patientinnen und Patienten im Fokus und erprobten verschiedene Apps in den Indikationsbereichen Diabetes mellitus, Kopfschmerzen/Migräne sowie Rückenschmerzen. Die dritte Testung widmete sich der Organisation des Pflegealltags und wurde mit pflegenden Angehörigen durchgeführt.
Prognos begleitete wissenschaftlich
Mithilfe eines spezifischen Methodensets analysierte Prognos, wie es gelingen kann, Projekte zur Integration digitaler Anwendungen in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsversorgung auf den Weg zu bringen. Welche Umsetzungshemmnisse und welche Erfolgsfaktoren für deren Implementierung und Akzeptanz bestehen.
In der wissenschaftlichen Begleitung der App-Testungen betrachtete Prognos in mehreren Online-Befragungen die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer. Zudem wurden leitfadengestützte Fachgespräche mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren sowie den App-Anbietern geführt. Am Ende der Testung wurden in einem Workshop mit Akteurinnen und Akteuren aus der Testung die Erwartungen an die Apps mit den tatsächlichen Erfahrungen verglichen und Möglichkeiten der Verstetigung diskutiert. An den Workshops waren auch das Bundesgesundheitsministerium und die ZDG-Geschäftsstelle beteiligt.
Die Auswertung der Erfahrungen aus den Modellprojekten erfolgte durch die jeweiligen Projektleitungen bzw. durch die jeweils daran beteiligten wissenschaftlichen Institute. Die Aufgabe von Prognos war es, für den Abschlussbericht übergreifende Erkenntnisse herauszuarbeiten und mit den Ergebnissen der App-Testungen abzugleichen.
Zum Abschlussbericht (Webseite BMG)
Weitere Informationen zur Initiative „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“ (Website BMG)
Ergebnisse Testung digitaler Versorgungsangebote (Website BMG)
Projektteam: Laura Sulzer, Dr. Oliver Ehrentraut, Dr. Stefan Moog, Eva Willer
Stand: 4.5.23