alle Projekte

Dekarbonisierung der Grundstoffindustrien in Deutschland

Auftraggeber

Bertelsmann Stiftung

Jahr

2022


Die Dekarbonisierung der Grundstoffindustrien in Deutschland kann gelingen – sowohl technisch als auch ökonomisch. Am Beispiel der Chemie-, Stahl- und Zementindustrie zeigen wir, dass mit einer – vorübergehenden! – öffentlichen Unterstützung die Unternehmen auf emissionsarme Produktionsverfahren umstellen und dabei ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten können. Hierbei sieht der optimale Instrumentenmix für jede Industrie anders aus. Die Wirtschaftspolitik ist also gut beraten, auf die unterschiedlichen Bedarfe der jeweiligen Branchen einzugehen und keine „One size fits all“-Politik zu betreiben.

Nicht jede Branche braucht die gleiche Förderung

Auch wenn die kostenfreie Zuteilung von Emissionszertifikaten bis 2035 nach und nach abgebaut wird, so wird in der Grundstoffchemie erst 2042 eine Kostenparität zwischen dem konventionellen und dem emissionsarmen Produktionsverfahren erreicht. Die Kombination aus einer Subventionierung des emissionsarmen Produktionsverfahrens sowie des emissionsbasierten Grenzausgleichs ist für die Unternehmen dieser Branche am vorteilhaftesten und beschleunigt die Transformation. Für die Unternehmen besteht dann sowohl vor als auch nach ihrem Technikwechsel eine Kostenparität mit den außereuropäischen Unternehmen.

Die Zementindustrie weist eine sehr geringe Außenhandelsorientierung auf und bei einem Abschmelzen der freien Zertifikate wird bereits 2029 die Kostenparität zwischen dem konventionellen und dem alternativen Produktionsverfahren erreicht. Die Transformation gelingt auch ohne politische Unterstützung, sie kann jedoch durch temporäre Subventionen um 4-5 Jahre beschleunig werden.

In der Primärstahlproduktion ist ein Technikwechsel ab Mitte der 2020er-Jahre betriebswirtschaftlich vorteilhaft. Für den tatsächlichen Wechsel ist jedoch das Alter der Bestandsanlage relevant, sodass sich die Umstellung über mehrere Jahre bis 2035 streckt. Aufgrund des Abschmelzens der kostenlosen Zertifikate geraten Bestandsanlagen unter Druck. Durch einen emissionsbasierten Grenzausgleich lässt sich der Inlandsmarkt jedoch schützen.

Wie gelingt die Dekarbonisierung in der Grundstoffchemie, Zement- und Stahlherstellung?

Der Industriesektor ist aktuell nach dem Energiesektor der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen in Deutschland. Die Branchen Grundstoffchemie, Zement/Kalk und Roheisen/Stahl vereinen auf sich momentan rund 71 Prozent der industriellen Gesamtemission. Auf dem Weg zur Klimaneutralität in Deutschland ab dem Jahr 2045 spielt die Dekarbonisierung dieser Branchen daher eine zentrale Rolle.

Ziel der Studie für die Bertelsmann Stiftung ist es, mittels eines modellbasierten Szenarienvergleichs eine vorteilhafte Kombination klimapolitischer Instrumente für die Dekarbonisierung der drei Branchen Grundstoffchemie, Zement- und Stahlherstellung zu bestimmen. Die Kriterien für die Vorteilhaftigkeit der Klimainstrumente sind: ein möglichst geringer Instrumenteneinsatz, möglichst hohe vermiedene Treibhausgasemissionen sowie möglichst geringe Einbußen der Wertschöpfung und Beschäftigung in der betreffenden Branche.

Ergebnisse mittels modelbasierten Szenarienvergleichs

Die klimapolitischen Instrumente werden mittels eines modellbasierten Szenarienvergleichs ökonomisch bewertet. Als Maßstab für die Vorteilhaftigkeit der Klimainstrumente dient ein Referenzszenario, in welchem die voraussichtliche Entwicklung der drei Branchen bis zum Jahr 2045 ohne den Einfluss zusätzlicher klimapolitischer Maßnahmen abgebildet wird.

Dieser Referenz werden Politikszenarien gegenübergestellt, in welchen die frei zugeteilten Zertifikate bis 2035 abgebaut werden und folgende klimapolitische Instrumente eingeführt werden: ein emissionsbasierter Grenzausgleich, kompensierende Betriebskostenzuschüsse für transformierte Anlagen sowie ein ordnungsrechtliches Verbot des konventionellen Produktionsverfahrens. In den Politikszenarien werden diese Instrumente einzeln oder in Kombination eingesetzt.

Links und Downloads

Zur Studie (Website Bertelsmann Stiftung)

Projektteam: Jan Limbers (Projektleitung), Dr. Micheal Böhmer, Leilah Dismond, Dr. Alexander Piegsa

Stand: 21.02.2023

Haben Sie Fragen?

Ihr Kontakt bei Prognos

Jan Limbers

Senior Experte

Profil ansehen

Dr. Michael Böhmer

Chefvolkswirt, Leitung Corporate Services

Profil ansehen

Mehr Studien & Projekte zu diesem Thema

More studies & projects on this topic

Offizieller Start: Zehn Regionen erhalten technische Hilfe der EU

2023
| Meldung

Im Rahmen der Harnessing Talent Platform hat die Europäische Kommission zehn Regionen ausgewählt, die technische Unterstützung zur Fachkräftesicherung erhalten.

LinkedIn-Serie zur 4-Tage-Woche

2023
| Meldung

Wer würde nicht gerne weniger arbeiten für effektiv mehr Stundenlohn? Wenige sagen nein zu dieser Vorstellung und das verzerrt die Debatte. Fragen um die Umsetzbarkeit rücken in den Hintergrund.

Neue Beschaffungsmärkte für die bayerische Wirtschaft

2023
| Projekt

Neue Beschaffungsmärkte können die Resilienz und Effizienz der deutschen und bayerischen Lieferketten erhöhen. Die Studie quantifiziert die aktuellen und die noch unzureichend erschlossenen Beschaffungsmärkte.

Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarf zur Industriedekarbonisierung

2023
| Projekt

Prognos untersuchte für das Cluster Dekarbonisierung der Industrie (CDI), welche Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarfe in energieintensiven Industrien bestehen, um die Dekarbonisierung zu bewältigen.

Partnerschaftliche Vereinbarkeit

2023
| Projekt

Wenn Eltern die Familienarbeit gleichberechtigter aufteilen, hilft das auch gegen Arbeitskräftemangel. Was die Politik dafür tun kann, zeigt Prognos in einer Kurzexpertise.

Analyse der Fahrzeug- und Zulieferindustrie im Raum Hannover/Hildesheim

laufend
| Projekt

Die Fahrzeugindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Als Basis für ein zukunftsfähiges Profil analysiert Prognos die Transformationspotenziale der Branche in der Region.

Väterreport 2023

2023
| Projekt

Sich die Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich aufzuteilen, das wünschen sich viele Väter – aber nicht alle. Der Väterreport 2023 für das Bundesfamilienministerium zeigt die Vielfalt der Väter in Deutschland.

Die wirtschaftliche und soziale Lage in kreativen Berufen

laufend
| Projekt

In einer umfassenden Studie analysiert Prognos die soziale und wirtschaftliche Lage von freischaffenden und hybrid erwerbstätigen Kreativen. Die Ergebnisse dienen als Basis für zielgerichtete Verbesserungen.

Lieferketten: Ohne Rohstoffe keine Klimaneutralität

2023
| Projekt

Krisen bedrohen immer wieder globale Handelswege. Die Studie von Prognos und Partnern verweist auf Maßnahmen zur Sicherung von strategisch wichtigen Lieferketten.

Potenzial der Kreislaufwirtschaft für die ländliche Entwicklung

2023
| Projekt

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land sind ein Ziel der Bundesregierung. Inwiefern die Kreislaufwirtschaft dazu beitragen kann, untersuchten wir für das BBSR.

Über Prognos

Wir geben Orientierung.

Prognos ist eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas. An der Universität Basel gegründet, forschen Prognos-Expertinnen und -Experten seit 1959 für verschiedenste Auftraggeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor – politisch unabhängig, wissenschaftlich fundiert.

Mehr erfahren