Gasverbrauch von Produktionsbereichen in Deutschland

 

Auftraggeber

Bundesnetzagentur

Jahr

2023


Sollte das Gas in Deutschland knapp werden, muss die Bundesnetzagentur (BNetzA) entscheiden, welche Unternehmen  weiterhin versorgt werden – und wer möglicherweise seinen Verbrauch reduzieren muss, um Ein- und Ausspeisung auszubalancieren. Privathaushalte und soziale Dienste wie Krankenhäuser oder Schulen sollen so lang wie möglich versorgt werden. Die sogenannten weniger geschützten Bereiche der deutschen Industrie – darunter Chemikalien, Papiererzeugung, Düngemittel oder Stahl – müssen bei akuter Gasmangellange nach Anweisungen der BNetzA jedoch ihren Gasbezug reduzieren oder ganz stoppen, das besagt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und die Energiesicherungsverordnung. 


Ein möglicher Baustein unter mehreren

Prognos erstellte im Auftrag der BNetzA eine Studie, die einen Datenpunkt unter mehreren möglichen bildet: Diesen kann die Auftraggeberin heranziehen, wenn sie im Gasmangel-Fall abwägt, welche Gaskunden ihren Verbrauch reduzieren müssen. Die im Bericht vorgeschlagene Priorisierung darf aber keinesfalls als „Aktionsplan“ der Bundesnetzagentur verstanden werden, so die Studienautoren. Sie empfehlen der BNetzA vielmehr, weitere fundierte Erkenntnisse aus Wirtschaft und Wissenschaft heranzuziehen, um im Notfall eine Entscheidung treffen zu können.

Prognos‘ Ergebnisse reihen sich somit ein in eine Kette von Untersuchungen, die die BNetzA durchführt, um bei akuter Gasmangellage effizient reagieren zu können – so, wie sie es aktuell mit der Sicherheitsplattform Gas bereits umsetzt.

7 Fakten: Gasverbrauch nach Produktionsbereich

 

Studie: Kategorisierung verschiedener Gaskunden

In ihrem Auftrag ging es der BNetzA darum, insbesondere die Industrie und sonstige große Verbraucher mit wissenschaftlichen Kriterien bewerten zu lassen, um diese anschließend priorisieren zu können.

Am Anfang unserer Berechnungen stand eine Input-Output-Analyse, die aufzeigt, inwiefern verschiedene Wirtschaftszweige miteinander verflochten sind. Anschließend arbeiteten wir mit der Kategorisierung der verschiedenen Wirtschaftsbereiche basierend auf der Einteilung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK, siehe auch Q&A):

  • Besonders schützenswert: Unternehmen, die Güter und Dienstleistungen der „kritischen Infrastruktur“ erzeugen, erhalten diesen „Schutzstatus“, darunter Energie, Ernährung, Wasserversorgung, Verkehr
  • Weniger schützenswert: Unternehmen, die keine Güter und Dienstleistungen der „kritischen Infrastruktur“ erzeugen, erhalten diesen Status, darunter Chemikalien, Kunststoffe, Eisen/Stahl, Tabak

Im nächsten Schritt analysierten wir, inwieweit Produkte aus den als nicht geschützt definierten Bereichen indirekt als Vorleistung für anschließende Schritte gebraucht werden, also wie groß ihr Beitrag für besonders schützenswerte Bereiche ist. So werden Düngemittel (nicht besonders geschützt) in großem Maße in die Landwirtschaft (besonders geschützt) geliefert. Anhand dessen ermittelten wir den Bedeutungsgrad.

Zum Schluss untersuchten wir die Substitutionsmöglichkeiten und den Komplexitätsgrad. Dieser dient als Indikator dafür, ob bestimmte Bereiche ihre Energie auch aus anderen Quellen als Erdgas beziehen können, wie komplex die Arbeitsschritte in der Wertschöpfungskette sind – und ob diese ausgelagert werden könnten.

Was wir in unserer Studie nicht untersuchten, war, inwieweit die verschiedenen Produktionsbereiche noch einmal aufgeschlüsselt werden können. Wir nahmen also keine Unterkategorisierung von Lebensmittelherstellern in Produzenten von Fertiggerichten oder Süßwaren vor (siehe Q&A).


Gasmangel: Die BNetzA wägt ab, um die Bevölkerung zu schützen

Im Ergebnis wiesen wir den untersuchten Produktionsbereichen Kriterien zu, die eine von mehreren möglichen Priorisierungen erlauben: Bedeutungsgrad und Substituierbarkeit bilden dabei die potenzielle Abschaltreihenfolge. Allerdings sollte die BNetzA hieran weitere Prüfschritte anschließen, da unsere Kategorisierung zu grob war, um Entscheidungen im Einzelfall treffen zu können.

Insgesamt dürfte eine Vorgehensweise in einer Gasmangellage, die sich auf die o. g. Kriterien stützt, zu besseren Ergebnissen für die Bevölkerung im Hinblick auf die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen führen, als wenn die BNetzA alle weniger geschützten Gasverbraucher gleichbehandelt. Die von uns berechneten Informationen über den direkten Gasverbrauch der verschiedenen Produktionsbereiche helfen der Auftraggeberin zudem, die Gasmenge abzuschätzen, die bei einer Abschaltung eingespart würde.

Der BNetzA als Bundeslastverteilerin fällt am Ende die schwierige Aufgabe zu, entscheiden zu müssen, wer Gas reduzieren oder „vom Netz gehen“ muss. Um einen Baustein für ihre Abwägung dazuzugewinnen, gab sie die Studie zum Gasverbrauch von Produktionsbereichen in Deutschland bei Prognos in Auftrag. Zudem zieht sie nach eigenem Ermessen weitere – oder auch unseren Ergebnissen widersprechende – Kriterien heran, z. B. zu den Folgen, die eine Gasmengenreduktion für die Gesamtwirtschaft und einzelne Betriebe haben kann.


Kontakt

Fragen zur Studie sind zuerst an die Bundesnetzagentur zu richten:

E-Mail: pressestelle@bnetza.de | Telefon: 0228 14 – 9921

Fragen zum Auftrag und Methodik können Sie an die Prognos AG richten:

E-Mail: presse@prognos.com | Telefon: +49 30 58 70 89 118


Links und Download


Projektteam: Jakob Ambros, Jens Hobohm (Projektleiter), Sebastian Lübbers, Dr. Fabian Muralter, Dr. Andreas Sachs

Stand: 16.03.2023

 

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