vbw – Vereinigung der bayerischen Wirtschaft e. V.
2023
Bis vor einigen Jahren stand primär die Effizienz der Lieferketten im Vordergrund. Im Hinblick auf ihre Beschaffungsmärkte waren Unternehmen vorrangig daran interessiert, die benötigten Vorprodukte in einer hohen Qualität und möglichst kostengünstig zu beschaffen. Störungen in den globalen Lieferketten und geopolitische Verwerfungen haben in den vergangenen Jahren hingegen die Resilienz von Lieferketten stärker in den Fokus gerückt. Nach wie vor sind Unternehmen in ihren Produktionsprozessen häufig in starkem Umfang auf ausländische Vorleistungen angewiesen, zum Teil mit hohen Abhängigkeiten von einzelnen Lieferländern.
Unsere Studie im Auftrag der vbw – Vereinigung der bayerischen Wirtschaft e. V. gibt den heimischen Unternehmen eine belastbare Informationsgrundlage zur Identifizierung potenzieller neuer Beschaffungsmärkte – um somit ihre Lieferketten durch Diversifizierung resilienter aufstellen zu können, ohne Effizienzgesichtspunkte zu vernachlässigen.
Die Analyse des weltweiten Angebots an Vorprodukten zeigt, dass es in fast allen Kategorien jenseits der aktuellen deutschen Beschaffungsmärkte alternative Lieferländer gibt.
Das sind auf der einen Seite aufstrebende Schwellenländer wie Indien, die erst in der jüngeren Vergangenheit größere Produktionskapazitäten aufgebaut haben. Auch die südostasiatischen Märkte Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand und Vietnam sowie Mexiko gehören in ausgewählten Warengruppen mittlerweile zur Gruppe der weltweit wichtigen Lieferländer von Vorprodukten. Gebremst wird der Handel mit diesen Ländern häufig durch tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, da nur in wenigen Fällen umfassende Freihandelsabkommen in Kraft sind.
Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Reihe hochentwickelter Länder, die stärker von deutschen Einkäufern erschlossen werden können. Dazu gehören insbesondere die ostasiatischen Märkte Japan und Südkorea sowie die nordamerikanischen Märkte USA und Kanada. Ein Vorteil dieser potenziellen Lieferländer: Mit Ausnahme der USA sind mit allen Ländern moderne, umfassende Freihandelsabkommen in Kraft.
Der Import von Vorleistungen spielt für die hochgradig internationalisierten deutschen und bayerischen Unternehmen eine herausragende Rolle. Diese gehen als Vorprodukte in die Produktionsprozesse des verarbeitenden Gewerbes ein. Über die Hälfte der nach Deutschland importierten Vorprodukte stammt aus EU-Mitgliedsstaaten. Der wichtigste einzelne Beschaffungsmarkt ist aber China – rund 11 Prozent der deutschen Vorleistungsbezüge stammen aus diesem Land. Beim Vorleistungsimport in bestimmten Warengruppen wie DV-Geräte, Elektronik, Optik oder elektrische Ausrüstungen ist China sogar die mit großem Abstand wichtigste Bezugsquelle. Die in jüngster Zeit häufiger auftretenden Störungen der internationalen Lieferketten und die zunehmenden geopolitischen Spannungen zeigen, dass die bisherige Priorisierung der Lieferketteneffizienz große Risiken birgt.
Um zuverlässige Beschaffungsmärkte und Lieferketten zu sichern ist die Frage der Resilienz mittlerweile stärker in den Fokus von Unternehmen gerückt. Die Diversifizierung der internationalen Bezugsquellen ist dabei von entscheidender Bedeutung, um Lieferketten resilienter aufzustellen und bestehende Abhängigkeiten zu reduzieren. Moderne Beschaffungsstrategien zielen daher darauf ab, die Resilienz von Lieferketten durch Diversifizierung zu erhöhen, ohne Effizienzaspekte (zu sehr) zu vernachlässigen.
Die Studie nimmt insgesamt neue Warengruppen in den Blick, die eine herausgehobene Bedeutung für die bayerische Wirtschaft aufweisen – z. B. Komponenten für Maschinen oder Vorprodukte aus dem Bereich DV-Geräte, Elektronik, Optik. Für jede Warengruppe wird auf Basis einer detaillierten Außenhandelsdatenanalyse quantifiziert, wo in den einzelnen Produktkategorien die aktuellen und wo die derzeit noch unzureichend erschlossenen Beschaffungsmärkte liegen. Zusätzlich wird mithilfe eines Ampel-Systems bewertet, inwiefern diese Beschaffungsmärkte ein geopolitisches Risiko aufweisen und wie gut der Marktzugang für deutsche Unternehmen ist.
Die Studie wurde am 29.11.2024 aktualisiert:
Mehr Informationen zur aktualisierten Studie
Projektteam: Dr. Michael Böhmer, Philipp Kreuzer, Johann Weiss, Eva Willer
Stand: 29.11.2024
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