AOK-Bundesverband
2024
In der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) sind mit 74,2 Millionen Menschen fast 90 Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung versichert. Sie ist damit die zentrale Säule der (Teil-)Absicherung des Pflegerisikos. Dabei geht Pflege alle an: Ein hoher Anteil der Versicherten wird eines Tages selbst Leistungen aus der SPV beziehen. Zudem müssen die Versicherten die Leistungen der SPV mit ihren Beiträgen und Steuern finanzieren.
Die demografische Entwicklung wird in den kommenden Jahrzehnten dazu führen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen schrittweise ansteigt. Zudem steigt seit einigen Jahren die Anzahl der Pflegebedürftigen in der SPV – und das (weit) über den rein demografischen Effekt hinaus. Reformen, wie zuletzt das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) und zuvor das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) aus dem Jahr 2017, verstärken diese Entwicklung und führen dazu, dass die Ausgaben aufgrund von Leistungsverbesserungen steigen.
Im Auftrag des AOK-Bundesverbandes erstellte Prognos ein Gutachten zu den finanziellen Auswirkungen unterschiedlicher Reformoptionen der SPV. Das Gutachten nimmt dabei keine Bewertung von Reformmaßnahmen vor. Es prüft auch nicht deren rechtliche Umsetzbarkeit. Vielmehr liefert es eine quantitative Grundlage für eine dringend benötigte öffentliche und politische Debatte um eine Reform. Im Fokus stehen dabei die Einnahmen und Ausgaben und der jeweils kostendeckende Beitragssatz bis zum Jahr 2060.
Das Gutachten macht deutlich, dass in der Pflege mit wachsenden Kosten und damit zunehmenden Finanzierungsbedarfen zu rechnen ist. Wir haben die Finanzierungsbedarfe für verschiedene Szenarien ermittelt. Die Szenarien unterscheiden sich in der angenommenen Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen und der Grundlohnsumme.
Referenzszenario („mittleres Szenario“: Zahl der Pflegebedürftigen wächst über den rein demografischen Effekt hinaus, Grundlohnsumme wächst mit 3 Prozent pro Jahr)
Positiv-Szenario (Grundlohnsumme wächst stärker, Zahl der Pflegebedürftigen schwächer als im Referenzszenario)
Negativ-Szenario (Grundlohnsumme wächst schwächer, Zahl der Pflegebedürftigen stärker als im Referenzszenario)
Als zentrales Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Finanzierungsbedarf in der Pflege mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich zunehmen wird. Nur in sehr optimistischen Szenarien ergeben sich Situationen mit Beitragssatzstabilität oder sogar einem leichten Senkungspotenzial. Dies setzt allerdings eine moderate Zunahme der Pflegebedürftigkeit bei gleichzeitig günstiger Lohnentwicklung voraus. In allen anderen Szenarien nimmt der Finanzierungsbedarf der SPV (teils massiv) zu. Dies stellt angesichts der alternden Gesellschaft keine Überraschung dar.
Zunächst wurde der Finanzbedarf der SPV im gesetzlichen Status quo bis zum Jahr 2060 bestimmt. Anschließend wurden die Wirkungen ausgewählter Reformoptionen modelliert und quantifiziert.
Basis der Berechnungen war das Prognos-eigene Sozialversicherungsmodell OCCUR. Dem wurden verschiedene Annahmen zugrunde gelegt, die einen Korridor an potenziellen Entwicklungen abstecken. Vor allem zwei Faktoren wurden dabei variiert: die Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen der SPV und die Entwicklung der Grundlohnsumme.
Zur Studie (PDF, Website AOK)
Projektteam: Dr. Oliver Ehrentraut, Gwendolyn Huschik, Dr. Stefan Moog
Stand: 05.09.2024
Partner, Direktor, Leitung der volkswirtschaftlichen Abteilung
Projektleiterin
Senior Experte
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