Wirtschaftsvereinigung Stahl
2022
Die Stahlindustrie ist eine Grundstoffindustrie, die am Anfang von Wertschöpfungsketten steht. Ihre Produkte gehen als Vorleistungen in viele andere Branchen ein, etwa in den Fahrzeugbau, den Maschinenbau oder die Bauwirtschaft. Bei der Erzeugung von Primärstahl werden mit der bislang verwendeten Technologie, der Hochofen-Konverter-Route, erhebliche Mengen an Kohlendioxid ausgestoßen. Sowohl Deutschland als auch die EU wollen die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) in allen Bereichen der Wirtschaft schrittweise reduzieren. Ab dem Jahr 2045 soll Deutschland, ab 2050 die ganze EU, netto keine weiteren THG-Emissionen verursachen. Damit steht auch die Stahlindustrie in Deutschland vor der Aufgabe, in den kommenden Jahrzehnten THG-Neutralität zu erreichen. Dazu ist es erforderlich, die Produktion von Primärstahl auf das Verfahren der sogenannten Wasserstoffdirektreduktion umzustellen. Die Studie für die Wirtschaftsvereinigung Stahl berechnet in zwei Szenarien, wie diese Transformation vollzogen werden kann.
Mithilfe von Szenariorechnungen prüfen wir, unter welchen klimapolitischen Rahmenbedingungen die Transformation der Stahlindustrie in Deutschland gelingen kann. Unter erfolgreicher Transformation verstehen wir, dass die Produktion von Primärstahl am Ende der Übergangsphase vollständig THG-neutral ist, ohne dass es dabei zu transformationsbedingten Verlusten an Produktionsmengen und Beschäftigung kommt. Die beiden Szenarien werden mit Hilfe des agentenbasierten Simulationsmodells LABS von Prognos erstellt:
Um die Klimaziele Deutschlands und der EU zu erreichen, plant die Stahlindustrie die Primärstahlroute auf THG-arme und perspektivisch THG-freie Produktionsverfahren auf Wasserstoffbasis umzustellen. Die Simulationsrechnungen zeigen, dass eine Dekarbonisierung der Stahlindustrie in Europa und Deutschland für die betreffenden Unternehmen aus eigener Kraft nicht realisierbar ist, da die Produktionskosten der emissionsarmen Erzeugungsverfahren in der Primärstahlroute aktuell und mittelfristig deutlich über denen der konventionellen Verfahren liegen. Selbst in einem Szenario, in dem durch CBAM eine (Emissions-)Kostenparität aufseiten der konventionellen Erzeugung zwischen Inland und Ausland gegeben ist, würden – auch mit staatlichen Zuschüssen – rund 20 Prozent der inländischen Produktion wegfallen. Für die vollständige Umstellung auf das Wasserstoffdirektreduktionsverfahren wäre neben vorübergehend weiterhin kostenlosen Emissionszertifikaten ein staatlicher Zuschuss für die Investitionsausgaben von 50 Prozent näherungsweise hinreichend. Bei den laufenden Betriebskosten ist ein Zuschuss von 100 Prozent notwendig, wenn die betreffenden Unternehmen dauerhaft im Markt verbleiben sollen.
Die Studie und weitere Informationen erhalten Sie auf der Website der WV Stahl:
Zur Studie „Transformationspfade für die Stahlindustrie in Deutschland“ (PDF)
Ergebnisse auf einen Blick (PDF)
Pressemitteilung der WV Stahl (PDF)
Jan Limbers, Dr. Michael Böhmer
Senior Experte
Partner, Leiter Corporate Services
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