Fragestellung und Ziel
Die außergewöhnlich heißen und trockenen Sommer 2018 und 2019 sowie die verheerenden Sturzfluten und Überschwemmungen im Juli 2021, insbesondere an Ahr und Erft, haben erneut deutlich gemacht: Extremwettereignisse passieren nicht nur anderswo in der Welt, auch Deutschland ist betroffen.
Ein Gesamtbild der volkswirtschaftlichen klimawandelbedingten Schadens- und Anpassungskosten in Form von Studien lag bisher nicht vor.
Das Projekt „Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland“ wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) beauftragt bzw. begleitet. Weitere Projektbeteiligte sind das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS).
Vor dem Hintergrund einer hochkomplexen Sachlage sowie einer fragmentierten und teils lückenhaften Datenlage haben wir mit unseren Projektpartnern ein konsolidiertes Gesamtbild der volkswirtschaftlichen klimawandelbedingten Schadenskosten gezeichnet. Daran fehlte es der Politik bislang. Dabei profitierten die Projektteams von den unterschiedlichen Fachexpertisen der beteiligten Organisationen und des wissenschaftlichen Review-Teams aus anerkannten Klimafachleuten (Prof. Dr. Dea Niebuhr, Prof. Dr. Annegret Thieken, Dr. Olaf Burghoff, Dr. Horst Gömann, Dr. Markus Groth, Dr. Leonie Wenz).
Ziel der Untersuchungen war es, Antworten auf Fragen aus drei Bereichen zu finden:
- Wie entstehen klimawandelbezogene Schäden, welche der zahlreichen komplexen Wirkungszusammenhänge des Klimawandels sind für eine Berechnung der Schäden überhaupt geeignet und wie kann man diese erfassen bzw. gliedern?
- Welche Schäden sind in Deutschland in der Vergangenheit durch Extremwetterereignisse bereits entstanden?
- Mit welchen Schäden ist mit dem Fortschreiten des Klimawandels für Deutschland bis 2050 bzw. bis 2100 zu rechnen?
Prognos errechnete die bisher entstandenen Kosten des Klimawandels in Deutschland, die zukünftigen Kosten untersuchte unser Projektpartner GWS. Die GWS-Szenarioanalyse zeigt, welche Schäden der fortschreitende Klimawandel für Deutschland bis 2050 bzw. bis 2100 verursachen kann.
Szenarioanalyse bis 2050 (Website GWS)
Besonderheit des Projektes
- Systematische Analyse der Folgekosten des Klimawandels für die deutsche Volkswirtschaft trotz hochkomplexer Sachlage und einer fragmentierten und teils lückenhaften Datenlage
- Detailbetrachtung vergangener Extremwetterereignisse
- Modellierung zukünftiger Kosten
- Umfassendes Review-Verfahren
Alle Studien finden Sie im Folgenden verlinkt, sowie zusätzlich unten alle PDFs in einer Übersicht.
Häufige Fragen beantworten wir in unserem Q&A
Unsere Vorgehensweise & Methodik
Das Prognos-Forschungsteam für Klimaanpassung erarbeitete zunächst eine Übersicht über vergangene Extremwetterereignisse und die daraus entstandenen Schäden seit dem Jahr 2000. In einem nächsten Schritt entstand ein Analysepfad, der den Auswahlprozess zur Detailuntersuchung von Extremereignissen darstellt. Das Resultat waren Detailauswertungen zu den Hitzesommern 2018 und 2019 sowie zu Fluten im Jahr 2021.
Übersicht der Extremwetterschäden (Bericht 1)
Auf der Grundlage wesentlicher Schäden durch relevante Extremwetterereignisse in Deutschland im Zeitraum 2000 bis 2021 wurde eine konsolidierte Schadensübersicht erstellt. Soweit möglich, hat Prognos die Schäden einzelner Ereignisse auf einzelne Schadensindikatoren heruntergebrochen und den DAS-Handlungsfeldern zugeordnet (Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel, DAS). Zum anderen haben wir vorab einen Überblick zu verfügbaren Datenquellen über angefallene Schäden von Extremwetterereignissen gegeben. Dies hilft, die ausgewiesenen Schadenssummen und ihre Berechnung nachzuvollziehen.
In den Berechnungen enthalten sind nur Ereignisse, denen im Rahmen der datenbankbasierten Recherche ein belastbarer Schadenswert zugeordnet werden konnte, oder für die im Rahmen des Projektes eine eigenständige Quantifizierung erfolgte. Schäden, für die keine derartigen Daten vorlagen, wurden explizit nicht erfasst. Darunter sind bspw. Schäden in der Forstwirtschaft für das Jahr 2020.
Übersicht vergangener Extremwetterschäden (PDF)
Auswahl Untersuchungsereignisse (Bericht 2)
Gegenstand dieses Projektberichts ist die Aufstellung und Anwendung eines Analysepfades, der den Auswahlprozess zur Detailuntersuchung eines Extremereignisses darstellt. Das auf Basis dieses Prozesses ausgewählte klimawandelbedingte Extremwetterereignis liefert den Ausgangspunkt für die weiteren Analysen zur Erfassung der Kosten durch die Klimawandelfolgen in Deutschland. Es zeigt sich, dass sowohl eine gemeinsame Untersuchung der Hitze- und Dürreextreme der Jahre 2018 und 2019 wie auch der Überschwemmungen aus dem Juli 2021 geeignete Untersuchungsgegenstände darstellen.
Auswahl Untersuchungsereignisse (PDF)
Detailuntersuchungen zu Hitzesommern und Flut (Berichte 3 und 4)
Hitze & Dürre 2018/2019
In der Detailuntersuchung zu den Sommern 2018/2019 hat das Projektteam spezifische Schadensindikatoren zur Analyse und Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Kosten der Hitze- und Dürresommer 2018 sowie 2019 zusammengetragen. Die Literaturgrundlage bilden die Klimawirkungs- und Risikoanalyse Deutschlands sowie der Monitoringbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel.
Anhand identifizierter Indikatoren quantifiziert die Untersuchung:
- Ertragsverluste von Winterweizen durch Hitze und Trockenheit
- Ertragsverluste von Silomais durch Hitze und Trockenheit
- Ertragsverluste weiterer Feldfrüchte durch Hitze und Trockenheit
- Beeinträchtigung der Qualität und Verfügbarkeit von Holz durch Hitze und Trockenheit
- Beeinträchtigung der Ökosystemleistungen des Waldes – Kosten durch Verluste in der Klimaschutzleistung
- Hitzebedingte Minderung der Arbeitsproduktivität
Auf Grundlage der Indikatoren wird eine Größenordnung der volkswirtschaftlichen Gesamtschäden, der durch die vom Klimawandel belegbar wahrscheinlicher gewordenen Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 ermittelt. Dies umfasst auch indirekte (Folge)-Schäden, die bspw. durch den Ausfall oder eine Verteuerung von Vorleistungen in weiteren Bereichen.
Darüber hinaus haben wir die Anzahl der hitzebedingten Todesfälle für die beiden Jahre 2018 und 2019 basierend auf einem Verfahren zur Ermittlung der Übersterblichkeit an besonders heißen Tagen ermittelt. Eine Quantifizierung bzw. Monetarisierung der ermittelten hitzebedingten Todesfälle haben wir bewusst nicht vorgenommen.
Detailuntersuchung Hitzesommer 2018/2019 (PDF)
Zusammenfassung der Ergebnisse (Englisch, PDF)
Flut 2021
In der Detailbetrachtung zur Flutkatastrophe 2021 erfolgt eine Betrachtung der monetären Schäden, die insbesondere durch die Sturzfluten und Überschwemmungen an Ahr und Erft in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aber auch durch weitere Überflutungen in Bayern und Sachsen, auftraten.
Die Untersuchung greift auf bestehende Informationen zu den direkten Schäden (u.a. BMI und BMF, 2022 sowie dem Antrag auf Hilfe aus dem EU-Solidaritätsfonds hinterlegenden Informationen) zurück und ergänzt diese mit weiteren Quellen, insbesonder wissenschaftlichen Untersuchungen zu Schadensstrukturen ähnlich gelagerter Ereignisse. Sie bricht das Schadensausmaß somit in einer top-down-Betrachtungsweise auf spezifische Schadenskategorien und Handlungsfelder der DAS herunter (Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel). Die Schätzung indirekter Kosten erfolgt durch Multiplikatoren aus der Literatur, die auf Ebene von Wirtschaftszweigen das Verhältnis von direkten zu indirekten Kosten abbilden. Für diesen Zweck haben wir die direkten Schäden anhand von Informationen zur Schadensstruktur den Wirtschaftszweigen zugeordnet. Die Summe über alle Wirtschaftszweige ergibt das geschätzte Schadensmaß der indirekten Kosten.
Nur eingeschränkt sind Aussagen über den Anteil des Klimawandels an den Schäden der Sturzfluten und Überschwemmungen möglich: So wurde zwar ein Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und einer um den Faktor 1,2 bis 9 erhöhten Auftrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses festgestellt (Kreienkamp et al., 2021). Diese große Bandbreite, aber auch methodische Unsicherheiten in der Attribution von statistisch extrem unwahrscheinlichen Einzelereignissen, führen dazu, dass sich eine anteilige Ermittlung der klimawandelbedingten Schadenssummen schwierig gestaltet.
Detailuntersuchung Flut 2021 (PDF)
Vergleich Flut und Hitze (PDF)
Kernergebnisse der Betrachtung seit 2018
Die Untersuchungen des Projektteams zeigen, dass die im Rahmen der Analyse erfassbaren Schäden durch extreme Wetterereignisse seit 2018 mindestens 80 Milliarden Euro betragen. Dabei entfallen auf die Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 schätzungsweise 35 Milliarden Euro, auf die Flutkatastrophe 2021 mehr als 40 Milliarden Euro. Auch die Schäden durch Hagel und Sturm liegen im Milliardenbereich. Viele Schäden lassen sich monetär jedoch nicht erfassen, weshalb die Schadenssumme insgesamt deutlich hoher ausfällt, als durch die Analysen erfasst werden konnte. Hinsichtlich der finanziellen Schäden waren vor allem Privathaushalte bei der Flutkatastrophe stark betroffen, bei den Hitzesommern die Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe.
Kurzzusammenfassung Extremwetterschäden seit 2018 (PDF)
Kontakt
Alle Fragen rund um die Veröffentlichung bearbeitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV):
E-Mail: presse@bmuv.bund.de | Telefon: 030 18 305-2010
Bericht 1: Übersicht vergangener Extremwetterschäden (PDF)
Bericht 2: Auswahl Untersuchungsereignisse (PDF)
Bericht 3 & 4: Detailuntersuchung Hitzesommer 2018/2019 (PDF)
Detailuntersuchung Flut 2021 (PDF)
Vergleich Flut und Hitze (PDF)
Kurzzusammenfassung Extremwetterschäden seit 2018 (PDF)
Pressemitteilung des BMWK/BMUV
Zusammenfassung der Ergebnisse (Englisch, PDF)
Noch Fragen offen? Lesen Sie das Q&A
Projektteam: Dr. Jan Trenczek, Oliver Lühr, Lukas Eiserbeck, Myrna Sandhövel, Viktoria Leuschner
Stand: 16.3.2023