In Deutschland leben 2019 rund 1,5 Millionen allein- bzw. getrennterziehende Mütter und Väter mit 2,2 Millionen minderjährigen Kindern. Im Rahmen unserer Arbeit im Kompetenzbüro Wirksame Familienpolitik des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben wir gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach den 43. Monitor Familienforschung erstellt. Im Fokus: Die Lebenssituation dieser Familien.
Gezeigt wird ein differenziertes Bild der Lebenswelt von getrenntlebenden Eltern. Neue Befragungsergebnisse zum Familienleben und zu den ausgehandelten Verantwortlichkeiten nach einer Trennung sowie zeitliche Längsschnittanalysen verdeutlichen sowohl die Unterschiedlichkeit als auch die Veränderlichkeit der Lebenssituation getrenntlebender Eltern. Indem auch das Jahr vor einer Trennung mit in den Blick genommen wird, wird sichtbar, welche Merkmale der Haushaltssituation bereits vorher bestanden haben und sich im Alleinerziehen gegebenenfalls verstetigen oder verstärken, und welche Änderungen insbesondere im Hinblick auf Erwerbstätigkeit, Haushaltseinkommen und Transferbezug eintreten.
Wie wird die Verantwortung für Kinder geteilt?
Die große Mehrheit der Alleinerziehenden teilt sich den Umgang und die Betreuung ihres Kindes beziehungsweise ihrer Kinder einvernehmlich mit dem anderen Elternteil. Viele Eltern haben nach einer Trennung jedoch gravierende Konflikte bei der Aufteilung der Verantwortung für ihre Kinder, bei Umgang und Betreuung und besonders bei den Unterhaltszahlungen zu bewältigen. Daraus entstehen vielfältige Konstellationen: vom Alleinerziehen über geteilte Betreuung bis hin zum paritätischen Wechselmodell mit annähernd gleichen Betreuungsanteilen.
Wie gut ist das Verhältnis zum anderen Elternteil?
Die Beziehung zum anderen Elternteil bewegt sich nach der Trennung ebenfalls in einer großen Bandbreite: von Kontaktabbruch bis hin zu einer für beide konstruktiven Beziehung mit Kooperation und Kommunikation zum Wohl des Kindes. Angebote der Jugendämter oder anderer Träger zur Familienbildung und -beratung bieten in dieser Phase wertvolle Orientierung und konkrete Hilfe; sie stärken die Familienmitglieder und helfen, private sowie berufliche Perspektiven in der neuen Lebensphase zu entwickeln sowie den Blick vom Elternkonflikt hin zum Wohlergehen des Kindes zu wenden.
Partnerschaftlichkeit vor der Trennung
Ein partnerschaftliches Rollenverständnis, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine gleichberechtigte Aufgabenteilung für beide Eltern von Beginn der Familiengründung an erleichtert, kann sich auch günstig auf die Trennungssituation auswirken. Ist beispielsweise schon vor der Familiengründung und in der frühen Familienphase der berufliche (Wieder-)Einstieg beider Partner geglückt, gelingt es auch beim Allein- beziehungsweise Getrennterziehen häufiger erwerbstätig und damit auch unabhängig von Transferzahlungen zu bleiben.
Zufriedenheit von Alleinerziehenden im Vergleich zu Paarfamilien
Alleinerziehende gehören häufig zu den Familien, die besonders stark unter Druck stehen. Die Belastung spiegelt sich auch in ihrer Lebenszufriedenheit wider. Sie sind im Durchschnitt weniger zufrieden und berichten häufiger über Ängste und – insbesondere finanzielle – Sorgen als Paarfamilien. Allerdings gibt auch die große Mehrheit an, ein sehr enges Verhältnis zu ihren Kindern zu haben und ist stolz darauf, dass sie es schaffen, allein für sich und ihre Kinder zu sorgen. Trennungsväter, die ohne ihr Kind leben, belastet die Trennung vom Kind jedoch häufig stark oder sehr stark.
Familienform Alleinerziehend
Manche Mütter oder Väter sind auf Dauer alleinerziehend, manche nur kurz, wieder andere mit Unterbrechungen. In einigen Fällen finden die Eltern neue Partner, die vielleicht eigene Kinder mit in die Beziehung bringen.
Auch die finanzielle Situation ist vielschichtig. Unter allein- beziehungsweise getrennterziehenden Eltern befinden sich zwar auch viele hilfebedürftige Eltern, aber mehrheitlich Mütter und Väter in stabilen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen.
Besonders dringlich sind die Unterstützung und die Befähigung jener Alleinerziehenden, die bisher gar nicht auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Notwendig sind in jedem Fall bedarfsgerechte Betreuungsangebote und Platzgarantien – sowohl im vorschulischen als auch im schulischen Bereich–, um ihnen zeitliche Flexibilität für eine berufliche Aus- oder Weiterbildung zu ermöglichen oder um umfangreichere Erwerbswünsche und damit ein ausreichend hohes Einkommen zu realisieren. Die Zusammenführung von Kindergeld und Kinderzuschlag zu einer neuen, bedarfsgerechten Leistung, die zunehmend diskutiert wird, würde vor allem einkommensärmeren Familien resp. Allein- und Getrennterziehenden zugutekommen.
Zum Monitor (PDF, Website BMFSFJ)
Zur Meldung des Familienministeriums (Website BMFSFJ)
Zum Newsletterbeitrag des Familienministeriums (Website BMFSFJ)
Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach (Website IfD Allensbach)
Autorinnen und Autoren: Jan Braukmann, Andreas Heimer, Lisa Krämer, Evelyn Stoll
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Andreas Heimer
Direktor, Partner
Evelyn Stoll
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