Die Stahlindustrie ist in zahlreiche Wertschöpfungsketten eingebunden und ihre Produkte sind in der Fahrzeugherstellung und im Maschinenbau ebenso unverzichtbar wie in der Bauwirtschaft oder der Elektroindustrie. Bestehende Verfahren der Primärstahlproduktion (Hochofenroute) sind mit erheblichem Mengen an Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) verbunden.
Mithilfe von Szenarien haben die Studienautoren untersucht, wie die von der EU und der deutschen Bundesregierung angestrebten Ziele zur Verringerung der THG-Emissionen in der Stahlindustrie möglich sind.
Wie können die THG-Emissionen der Stahlindustrie verringert werden?
„Eine theoretische Möglichkeit, die mit der Stahlerzeugung verbundenen THG-Emissionen bei unveränderter Gesamtproduktion zu verringern, liegt in einer deutlichen Anteilserhöhung des CO2- armen Elektrostahls“ sagt Jan Limbers, der das Autorenteam leitete. „Dem stehen allerdings die begrenzte Menge an Stahlschrott und die unterschiedlichen Produktportfolios der beiden Verfahrensrouten entgegen.“ In der Primärstahlproduktion können mittels des Einsatz von Wasserstoff anstelle von Kohlenstoffträgern wie Koks die prozessbedingten THG-Emissionen weitgehend eliminiert werden. Die Technik verursacht allerdings erhebliche Mehrkosten gegenüber dem traditionellen Verfahren. Darüber hinaus sind für die weitgehend THG-freie Herstellung von Wasserstoff große Mengen an erneuerbarem Strom notwendig.
Herausforderungen und Folgen für die Stahlindustrie
Mittels des agentenbasierten Simulationsmodells LABS der Prognos wird in der Studie ermittelt, welche Konsequenzen der deutschen Stahlindustrie bei einer international nicht abgestimmten Erhöhung des CO2-Preises drohen. Hierfür wurden einzelne, repräsentative Anlagen/Unternehmen der Hochofen- und Elektrostahlroute mit branchenüblichen Kenngrößen in LABS implementiert.
Im Simulationszeitraum werden anschließend lediglich die deutschen Unternehmen mit steigenden CO2-Preisen konfrontiert. In der Konsequenz erfahren die Unternehmen der Hochofenroute zunehmend Marktanteilsverluste und sind außerstande, die hohen Investitionskosten der anstehenden Hochofenerneuerung zu stemmen. Nach spätestens 15 Jahren ist die Hochofenroute in der deutschen Stahlerzeugung nicht mehr existent. Hiervon sind auch die der Stahlindustrie zuliefernden Unternehmen in anderen Branchen betroffen.
Im Ergebnis liegt die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung im Jahr 2035 um etwa 20 Mrd. Euro niedriger als im Referenzszenario. Setzt man diese Wertschöpfungsverluste in Relation zu den in Deutschland vermiedenen THG-Emissionen der Stahlindustrie, ergeben sich gesamtwirtschaftliche THG-Vermeidungskosten von rund 600 Euro je Tonne. Diese Vermeidungskosten liegen deutlich über den höheren Produktionskosten einer wasserstoffbasierten Primärstahlproduktion.
Die Szenariorechnungen zeigen, dass es ökonomisch effizienter ist, die betroffenen Stahlunternehmen mittels Kompensationsinstrumenten (z.B. Investitionskostenzuschüsse) bei ihrer klimaneutralen Transformation zu unterstützen.
Zur Langfassung der Studie (PDF)
Zur Kurzfassung der Studie (PDF, stahl-online.de)
Zum Bericht im Handelsblatt (handelsblatt.com)
Weitere Informationen (Website Auftraggeber)
Autorinnen & Autoren:
Dr.Michael Böhmer, Jan Limbers
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Ihr Kontakt bei Prognos
Dr. Michael Böhmer
Chefvolkswirt | Leiter Corporate Solutions
Jan Limbers
Senior-Experte