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Policy Brief für die Bertelsmann Stiftung

Globalisierung der deutschen Automobilindustrie

Auftraggeber

Bertelsmann Stiftung

Jahr

2019


Ein zentraler Aspekt der Globalisierung ist, dass Unternehmen ihre Produkte nicht nur in der ganzen Welt verkaufen, sondern die Produktion von Gütern und Dienstleistungen in verschiedene Wertschöpfungsstufen im In- und Ausland aufgeteilt ist. Während die direkten (bilateralen) Zulieferbeziehungen einigermaßen gut nachvollzogen werden können, bleiben die direkten und indirekten Wertschöpfungsbeiträge in- und ausländischer Zulieferer häufig im Verborgenen.

Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt ein Policy Brief von Prognos am Beispiel der deutschen Automobilindustrie, in welchem Ausmaß andere Länder direkt und indirekt Wertschöpfung zur Produktion dieser Branche beitragen. Mithilfe von sogenannten Multi-regionalen Input-Output-Tabellen werden auch vorgelagerte Zulieferer aus der gesamten Weltwirtschaft und deren Wertschöpfungsleistungen erfasst.

Beispiel deutsche Automobilindustrie

Deutsche Automobilhersteller verkauften im Jahr 2014 weltweit Produkte im Wert von rund 270 Milliarden US-Dollar. Die in diesen Produkten enthaltene Wertschöpfung wurde zu 70 Prozent in Deutschland erbracht. Die verbleibenden 30 Prozent verteilen sich global, wie die folgende Abbildung zeigt:

Schlussfolgerungen

Aus dieser Betrachtungsweise zieht der Policy Brief eine Reihe von Schlüssen:

  1. Eine angemessene Berücksichtigung der Bedeutung des Auslands für die wirtschaftliche Wertschöpfung in Deutschland kann nicht ausschließlich über die Betrachtung der Vorleistungsimporte erfolgt. Beispiel deutsche Autoindustrie: Ein alleiniger Blick auf die Vorleistungsimporte überschätzt die Bedeutung der Vorleistungen aus der Tschechischen Republik, von Ungarn und Österreich für die Wertschöpfung in Deutschland. Gleichzeitig unterschätzt er massiv die Rolle der Vereinigten Staaten, der Volksrepublik Chinas und von Russland. Erstere Staaten sind relativ gesehen eher Transitländer für Wertschöpfung, während letztere Staaten im stärkeren Maße Ursprungsländer für Wertschöpfung sind.

  2. Die Bewertung der kritischen Abhängigkeit einer Branche oder einer gesamten Volkswirtschaft von einer anderen Volkswirtschaft – verstanden als Verwundbarkeit bei einem ganzen oder teilweisen Lieferausfall – ergibt sich aus der gemeinsamen Betrachtung des Handels von Gütern und Dienstleistungen, die für die Endnachfrage bestimmt sind, des Handels mit Vorleistungen sowie des Handels mit Wertschöpfung. Beispiel deutsche Autoindustrie: Kann Deutschland keine Autoteile mehr aus China importieren, fallen die entsprechenden Zolleinnahmen aus. Gleichzeitig fallen, soweit die Autoteile nicht substituiert werden können, auch die Umsätze oder sinken die Beschäftigungszahlen der deutschen Unternehmen, die auf diese Autoteile angewiesen sind – und die dafür abzuführenden Steuereinnahmen oder Löhne. Diese Ausfälle sind dort besonders hoch, wo besonders viel deutsche Wertschöpfung von der Verfügbarkeit des chinesischen Autoteils abhängig ist.

  3. Die Wertschöpfungssichtweise macht deutlich, dass die immer stärker fragmentierte und komplexer werdende internationale Arbeitsteilung auch immer höhere Ansprüche an ihre politische Steuerung stellt. Beispiel deutsche Automobilindustrie: Es ist nicht ausreichend sich vor allem auf gute Handelsbeziehungen zu den direkten europäischen Nachbarn, von denen viele Vorleistungen direkt importiert werden, zu konzentrieren. Auch die Wirtschaftsbeziehungen zu großen Wertschöpfungszulieferern wie den Vereinigten Staaten, Russland und China sind entscheidend. Gleichzeitig muss sich Deutschland für internationalen Regeln für die Steuerung entlang der gesamten Automobil-Wertschöpfungskette stark machen und verhindern, dass bilaterale Streitigkeiten zwischen Staaten, die viele Autoteile für Deutschland produzieren oder den Transit dafür ermöglichen eskalieren.

Direkt zur Studie (PDF, Webseite der Bertelsmann Stiftung)

Autoren:

Thieß Petersen, Thomas Rausch (Bertelsmann Stiftung), Andreas Sachs (Prognos AG)

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Dr. Andreas Sachs

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