Seit 2010 stagnieren die Anträge auf eine medizinische Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung. Unterschied Ost – West: Männer im Westen nehmen mehr Reha-Leistungen in Anspruch als im Osten. So ein Ergebnis unserer Studie für die Deutsche Rentenversicherung Bund. Zwischen 2005 und 2010 nahmen die Anträge auf medizinische Rehabilitation kontinuierlich zu, seit 2010 stagnieren sie aber. Der Grund ist, dass seit 2010 immer weniger Versicherte einen Antrag auf eine Reha-Maßnahme stellen. Dies zeigt sich deutlich am Rückgang der altersstandardisierten Antragsrate, die um demografische Einflüsse bereinigt ist. Ziel der Studie „Analyse des Antragsrückgangs bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“, die Prognos im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund erstellte, war es, Gründe für den Antragsrückgang sowie für die Nichtinanspruchnahme von medizinischer Rehabilitation zu identifizieren. Mögliche Ursachen Die epidemiologische Analyse ergab, dass sich der Rückgang teilweise durch die Morbidität erklären lässt, also die Häufigkeit von Erkrankungsfällen in der Bevölkerung. Bei den Krankenhausdiagnosen zeigen sich nämlich ähnliche Trends wie bei der Reha-Inanspruchnahme, beispielsweise eine Trendumkehr nach 2010 und ein Rückgang bei einzelnen Diagnosen. Ein zentrales Ergebnis ist auch, dass sich für die Reha-Inanspruchnahme ähnliche Trends nach Maßnahmearten, Regionen und Geschlecht zeigen. Dies legt nahe, dass der Antragsrückgang auf Faktoren zurückzuführen ist, welche das gesamte Spektrum der medizinischen Rehabilitation betreffen. Eine mögliche Ursache könnte beispielsweise die Ausschöpfung des Reha-Budgets in den Jahren 2009 bis 2012 sein. Aber auch die positive Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung könnte dazu beigetragen haben, dass seit 2010 immer weniger Versicherte eine Reha-Maßnahme beantragt haben. Die Ergebnisse der epidemiologischen Analyse zeigen auch große regionale Unterschiede. Neben medizinischen Ursachen zeigte sich, dass es einen Zusammenhang zwischen der Reha-Inanspruchnahme und der regionalen Sozial- und Wirtschaftsstruktur gibt. Zum Beispiel werden in wirtschaftlich stärkeren Regionen mehr Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Anspruch genommen. Unterschiede bestehen auch zwischen Ost und West. So nehmen vor allem Männer im Westen mehr Reha-Leistungen in Anspruch als im Osten. Barrieren bei der Antragstellung In einem zweiten Schritt wurden unterschiedliche Zielgruppen zur medizinischen Rehabilitation und zu möglichen Barrieren standardisiert befragt. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass der beobachtete Rückgang in der Inanspruchnahme medizinischer Rehabilitationsleistungen weniger mit deren Bild bei Versicherten oder Expertinnen und Experten als vielmehr mit unklaren und teilweise nicht mehr zeitgemäßen Rahmenbedingungen sowie spezifischen Vorstellungen hinsichtlich der Erfolgsaussicht im Antragsverfahren assoziiert sein könnte. Eine zentrale Hürde auf dem Weg in die medizinische Rehabilitation ist der hohe bürokratische Aufwand bei der Antragstellung. Zudem wird die Ablehnungsquote bei Anträgen auf medizinische Rehabilitation sowohl seitens der befragten Ärztinnen und Ärzte wie auch der Versicherten als hoch empfunden. Die befragten Ärztinnen und Ärzte wie auch die Versicherten beklagen intransparente Bewilligungs- und Ablehnungskriterien. „Bei den Befragten entsteht der Eindruck, dass Anträge nicht ausschließlich nach dem Bedarf, sondern auch abhängig von einem gedeckelten Budget bewilligt werden“, erläutert Projektmitarbeiter Sören Mohr von Prognos. Ärztinnen und Ärzte sowie Betriebsräte fühlen sich zudem unzureichend über die Rehabilitationsmöglichkeiten der Deutschen Rentenversicherung informiert. Insbesondere besteht Bedarf an zielgruppenspezifischem Informationsmaterial für Betriebe/Unternehmen sowie vergleichenden Bewertungen der Rehabilitationseinrichtungen für Ärztinnen und Ärzte und Informationen, welche Kliniken für bestimmte Indikationen geeignet sind. Forschungsdesign Zunächst wurden auf der Grundlage von Fachgesprächen und einer Literaturanalyse der Analyserahmen für die Untersuchung abgegrenzt und Hypothesen formuliert. Diese Hypothesen wurden im Rahmen des Forschungsgutachtens anhand von zwei empirischen Zugängen überprüft. In einem ersten Schritt wurden im Rahmen einer epidemiologischen Analyse die zentralen Trends und Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Maßnahmearten, Geschlecht und Regionen herausgearbeitet. In einem zweiten Schritt wurden die Hypothesen anhand von standardisierten Befragungen qualitativ untersucht. Zum einen wurden die zentralen Zielgruppen, die im Antragsprozess eine Rolle spielen (Haus- und Betriebsärzte und -ärztinnen, Beratungsstellen und Beschäftigtenvertretungen), befragt, zum anderen die Versicherten der Deutschen Rentenversicherung selbst. Direkt zur „Analyse des Antragsrückgangs bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ (PDF, www.deutsche-rentenversicherung.de) Autorinnen & Autoren Dr. Stefan Moog, Sören Mohr, Johann Weiß, Tilmann Knittel, Dr. Ronny Klein, Carsten Maday Haben Sie Fragen? Ihr Kontakt bei Prognos Dr. Stefan Moog Senior Experte Profil ansehen Unsere Arbeiten zu diesem Thema Die wirtschaftliche und soziale Lage in kreativen Berufen laufend | Projekt In einer umfassenden Studie analysiert Prognos die soziale und wirtschaftliche Lage von freischaffenden und hybrid erwerbstätigen Kreativen. Die Ergebnisse dienen als Basis für zielgerichtete Verbesserungen. Mehr dazu Kick-Off-Event zum Start des Präventionsprogrammes „Anfangsglück“ 16. Juni 2023 | Event Prognos begleitet und evaluiert das Präventionsprogramm „Anfangsglück: Ernährung gemeinsam entdecken". Am 16. Juni 2023 findet die Auftaktveranstaltung statt. Mehr dazu Rente mit 63 – Quo vadis? 2023 | Projekt Die Rente mit 63 ist sehr beliebt. Allein 2021 nutzen mehr als 270.000 Menschen die Möglichkeit des vorgezogenen Renteneintritts. Das zeigt unsere Studie für die INSM. Mehr dazu Sozialkonferenz: Die Situation Alleinerziehender in Deutschland und NRW 28. März 2023 | Event Am 28. März referiert Evelyn Stoll auf der ersten Sozialkonferenz der Stadt Oberhausen zur Situation Alleinerziehender in Deutschland und NRW. Mehr dazu Evaluation der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland 2022 | Projekt Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland berät und informiert zu gesundheitlichen Fragen. Wir haben ihre Arbeit unter die Lupe genommen. Mehr dazu Inflation – Mehrbelastung und Entlastung von Familienhaushalten 2023 | Projekt Berechnungen zu inflationsbedingten Mehrausgaben privater Haushalte und Wirken des Entlastungspaket der Bundesregierung. Mehr dazu Patientenfürsprache in deutschen Krankenhäusern auf dem Prüfstand 2022 | Projekt Patientenfürsprache ist ein ehrenamtliches Beratungsangebot für Menschen im Krankenhaus. Prognos untersuchte erstmals den Status quo der Patientenfürsprache in deutschen Krankenhäusern. Mehr dazu Zweiter Sozialbericht des Freistaates Sachsen 2022 | Projekt Prognos hat für das Sächsische Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt die soziale Lage im Freistaat Sachsen analysiert. Mehr dazu Workshop: Internationale Erfahrungen bei der Evaluation von Mindestlöhnen 07. Oktober 2022 | Event Gwendolyn Huschik nimmt am internationalen Workshop der Mindestlohnkommission teil. Mehr dazu AXA bAV Symposium: Demografische Entwicklung in Deutschland 21. September 2022 | Event Dr. Oliver Ehrentraut referiert zum Thema „Demografische Entwicklung“. Mehr dazu Kein Generationenkonflikt: Jung und Alt suchen vor allem Sicherheit. 2022 | Projekt Studie vergleicht „Boomer“ und Generation Z: Hohes Sicherheitsbedürfnis bei Jung wie Alt. Mehr dazu Folgen des Mindestlohns für die Saisonbeschäftigung 2022 | Projekt Seit 2015 gibt es den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Dessen Folgen für Saisonbeschäftigung untersuchte Prognos im Auftrag der Mindestlohnkommission. Mehr dazu Haushalte, Einkommen und Altersvorsorge 2022 | Projekt Ohne zusätzliche Vorsorge können die Menschen ihren Lebensstandard im Alter nicht halten. Eine Studie für den GDV untersucht, wie viel die Haushalte für die Rente sparen sollten und was sie sich leisten können. Mehr dazu Inflation: Aktuelle Zahlen zu Mehrbelastung und Entlastung von Familienhaushalten 2022 | Meldung Eine neue Analyse zeigt, wie stark unterschiedliche Haushaltstypen von inflationsbedingten Mehrbelastungen betroffen sind. Mehr dazu Studienvorstellung: Zur Lage der Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher an deutschen Krankenhäusern 08. Juni 2022 | Event Dr. Stefanie Ettelt stellt auf dem 16. Berliner Tag der Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher erstmalig Studienergebnisse vor. Mehr dazu Auftaktveranstaltung: R+V Zukunftsfestival 08. Juni 2022 | Event Christian Böllhoff stellt die Schwerpunkte und das Design der Studie „Zukunft gemeinsam gestalten“ vor. Mehr dazu Kindergrundsicherung: Kein Selbstläufer 2022 | Projekt Die Kindergrundsicherung kann Armutsrisiken reduzieren und Chancen verbessern. Ein neues Hintergrundpapier enthält Einschätzungen und neue Berechnungen rund um das Vorhaben der Ampel-Regierung. Mehr dazu Auswirkungen von Corona-Tests auf Volkswirtschaft und Gesundheitswesen 2022 | Projekt Corona-Tests sollen helfen, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Prognos quantifizierte nun den Nutzen der Tests auf Volkswirtschaft und Gesundheitswesen. Mehr dazu Studienvorstellung: Quantitativer Nutzen von Corona-Tests auf die Volkswirtschaft und das Gesundheitswesen 09. März 2022 | Event Testungen sind ein wichtiger Baustein zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Unsere neue Studie untersucht den quantitativen Nutzen auf die deutsche Volkswirtschaft und das Gesundheitswesen. Mehr dazu Studienpräsentation: Zukunft gemeinsam gestalten 15. September 2022 | Event Auf dem R+V Zukunftsfestival werden erstmals die Ergebnisse der Studie „Zukunft gemeinsam gestalten“ präsentiert. Mehr dazu Adobe Stock - CleverStock Über Prognos Wir geben Orientierung. Prognos ist eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas. An der Universität Basel gegründet, forschen Prognos-Expertinnen und -Experten seit 1959 für verschiedenste Auftraggeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor – politisch unabhängig, wissenschaftlich fundiert. Mehr erfahren