Wie viel würde eine nur teilweise Anrechnung von Alterseinkommen in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung pro Jahr zusätzlich kosten?
Diese Frage untersucht ein Gutachten für das Forschungsnetzwerk Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Prognos AG hat es gemeinsam mit dem Wirtschaftsprofessor Uwe Fachinger von der Universität Vechta erstellt.
Die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lagen im Jahr 2015 bei etwa 5,8 Milliarden Euro. Die Studienautoren berechneten, welche fiskalischen Mehrkosten verschiedene Modelle der Teilanrechnung von Alterseinkommen verursachen würden – sie reichen je nach Variante von 500 Millionen Euro bis 1,2 Milliarden Euro.
1,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich kosten würde ein Modell, das der Sozialverband Deutschland und Ver.di vorgeschlagen haben. Es sieht gestaffelte anrechnungsfreie Prozentsätze für drei Einkommensklassen vor: 100 Prozent von bis zu 100 Euro der eigenen Altersvorsorgeeinkommen. Von den Einkommensteilen zwischen 100,01 Euro und 200 Euro werden 50 Prozent angerechnet – das heißt maximal 50 Euro. Für den Einkommensteil zwischen 200,01 und 300 Euro der eigenen Altersvorsorgeeinkommen werden 25 Prozent angerechnet – das entspricht maximal 25 Euro.
Etwa 500 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich kosten würde ein von Prognos eingebrachtes Modell. Es sieht einen einheitlichen Anteil nicht anrechenbarer Einkommen vor – in der Berechnung wurde dieser Anteil exemplarisch auf 15 Prozent festgelegt. In dieser Variante schlagen sich die Rentenansprüche direkt in der Höhe des Nettoeinkommens der Leistungsbezieher nieder, ohne dass unerwünschte Stufen- und Übergangsphänomene entstehen.
In allen Varianten entstehen etwa zwei Drittel der fiskalischen Mehrkosten durch die Teilanrechnung von Einkommen bei den Altersrentnern, etwa ein Drittel der Kosten durch die Teilanrechnung bei den Erwerbsminderungsrentnern.
Bei den genannten Zahlen handelt es sich nicht um Prognosen, sondern um Simulationsrechnungen. Sie gehen aus vom Stand der rund eine Million Personen, die im Dezember 2015 Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung bezogen haben.
Deutlich stärkere Ausgabensteigerungen ergeben sich, wenn man berücksichtigt, dass es in allen Reformvarianten – ebenso wie derzeit – Personen gibt, die eigentlich einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder Erwerbsminderung hätten, diesen aber nicht geltend machen. Diese Personen in „verdeckter Armut“ würden die aktuelle Zahl der Leistungsempfänger um etwa 300.000 erhöhen, wenn sie ihren Anspruch geltend machen würden.
Hintergrund
Die aktuelle rentenpolitische Diskussion zielt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Reformansätze darauf ab, einer möglicherweise drohenden Altersarmut vorzubeugen. Befürchtet wird, dass in Zukunft immer mehr Menschen auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung angewiesen sein werden, obwohl sie über eigene Rentenansprüche verfügen.
Deshalb gibt es eine Vielzahl an Vorschlägen, einen Teil der eigenen Alterseinkommen von der Anrechnung bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auszunehmen. Durch die nur teilweise Anrechnung von Einkommen erhöht sich der Betrag, den eine Person aus dem Regelsicherungssystem erhält, wobei das Netto-Einkommen um den nicht anrechenbaren Teil des Einkommens höher ausfällt. Entscheidend ist es dabei, ein System zu entwickeln, das nicht zwischen verschiedenen Arten von Alterseinkommen – etwa aus privater Altersvorsorge und gesetzlicher Rentenversicherung – diskriminiert.
Zur Studie (PDF, sozialpolitik-aktuell.de)
Autorinnen und Autoren:
Oliver Ehrentraut, Gwendolyn Huschik, Stefan Moog, Reinhard Schüssler (Prognos), Uwe Fachinger (Universität Vechta)
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Dr. Oliver Ehrentraut
Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung, Partner, Direktor