Zum achten Mal in Folge bilanziert Prognos im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. den bisherigen Verlauf der Energiewende in Deutschland und in Bayern. Die Faktoren Stromerzeugung und -versorgung stehen dabei im Zentrum der Untersuchung und werden durch die Aspekte Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit ergänzt. Der nun veröffentlichte Monitoringbericht bezieht sich auf die zum Erstellungszeitraum neuesten gesicherten Daten für das Jahr 2018. Für die Bewertung des Fortschritts bei der Energiewende werden vier Kategorien betrachtet: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Effizienz und Erneuerbare Energien sowie Umweltverträglichkeit. Als Neuerung im Vergleich zu den vorangegangenen Berichten werden in der Kategorie Umweltverträglich neue Indikatoren aufgeführt, die die zahlreichen Aspekte der Klimaverträglichkeit des gesamten Energiesystems beleuchten und die Nachfragesektoren Privathaushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Industrie und Verkehr einbeziehen. Die zentralen Ergebnisse der Studie lauten: Hinsichtlich der Versorgungssicherheit in Deutschland gibt es im Vergleich zu 2017 kaum Veränderungen. Die Jahreshöchstlast ist zwar gedeckt, allerdings hängt der Netzausbau immer noch dem planmäßigen Fortschritt hinterher. Das kann für Bayern ab 2022 zu Engpässen führen. Beim Strompreis sind im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügige Veränderungen zu beobachten. Der Strompreis für deutsche wie bayerische Privathaushalte erhält nach wie vor eine negative Bewertung, da seine Veränderung seit 2010 deutlich oberhalb des Konsumentenpreisindex liegt. Da sich die Preise in den verschiedenen Abnahmeklasse unterschiedlich entwickeln, zeichnet sich für den Industriestrompreis ein differenziertes Bild ab. Insgesamt erhält dieser Indikator aber weiterhin eine kritische Bewertung. Hinsichtlich der Energieeffizienz und des Anteils Erneuerbarer Energien sind die politisch vorgegebenen Zielsysteme und Bemessungsgrößen in Bayern und in Gesamtdeutschland unterschiedlich. Gemessen an diesen jeweiligen Zielsystemen erhält Bayern eine positive Bewertung, während in Deutschland die Bewertung negativ ausfällt. Zwar erhöhte sich 2018 der Anteil der Erneuerbarer Energien im deutschen Energiemix weiterhin und liegt sogar deutlich oberhalb des (alten) Zielpfades, allerdings entfernten sich die Indikatoren der Entwicklung der Energieeffizienz gegenüber den Vorjahren weiter vom Zielpfad. Obwohl die Treibhausgasemissionen in Deutschland 2018 um 4,5 % im Vergleich zum Vorjahr sanken, lagen die Emissionen im neunten Jahr hintereinander deutlich über dem Zielpfad, weshalb der Indikator nach wie vor negativ bewertet wird. Selbiges gilt für Bayern. Insgesamt wird die Umweltverträglichkeit in Deutschland wie in Bayern negativ bewertet. Die energiebedingten Treibhausgasemissionen haben sich in den vergangen fünf Jahren immer stärker vom Zielpfad entfernt. Zwar ist die Emissionsreduktion der Energiewirtschaft im Vergleich zu anderen Sektoren überproportional, durch geringere Einsparungen in der Industrie, Landwirtschaft und im Verkehr wird diese jedoch überkompensiert. „Die Energiewende ist in den vergangenen Jahren sehr viel langsamer vorangekommen als die Zielsetzungen dies erfordern“ sagte Studienleiterin Dr. Almut Kirchner bei der Vorstellung der Studie. „Insbesondere der Netzausbau, der für die Sicherung der Stromversorgung und die kostengünstige Verteilung der Erneuerbaren Energien notwendig ist, ist sehr stark verzögert. Sowohl in der Industrie, dem Gebäudesektor als auch im Verkehr gehen die Umsetzung der Energieeffizienz und die Einführung emissionsarmer bzw. emissionsfreier Wärmeerzeugungs- und Antriebssysteme langsamer voran als dies für die Zielerreichung notwendig ist. Und das bezieht sich noch auf die „alten“ Zielsysteme – wenn wir die Emissionsentwicklung insgesamt mit dem neuen Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Bezug setzen, zeigen sich noch größere Diskrepanzen – und damit auch Handlungslücken.“ Hintergrund Im Herbst 2010 hat die deutsche Bundesregierung quantitative Zielgrößen definiert und danach weiterentwickelt, um langfristig eine sichere, wirtschaftliche und umwelt- sowie klimaverträgliche Energieversorgung zu erreichen. Entscheidende Bedeutung haben die Steigerung der Energieproduktivität sowie der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die damals vorgesehene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke wurde nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima durch die geordnete Ausstiegsplanung aus der Kernkraft ersetzt, die bis 2022 umgesetzt wird. Mit dem im Dezember 2019 vom Bundestag beschlossenen Klimaschutzgesetz hat sich die Bundesregierung das Ziel einer langfristigen Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 gesetzt. Bis zum Jahr 2030 gilt weiterhin das Minderungsziel von 55 Prozent gegenüber 1990. Im Oktober 2015 hat die Bayerische Staatsregierung das Bayerische Energieprogramm vorgelegt, das unter anderem quantitative Ziele bis 2025 enthält und eine Fortschreibung des Bayerischen Energiekonzeptes aus dem Jahr 2011 darstellt. In dem Programm spielen eine steigende Energieproduktivität sowie der Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidende Rollen. Im November 2019 veröffentlichte die Bayerische Staatsregierung das Aktionsprogramm Energie, in dem die energiepolitische Agenda der Staatsregierung für die aktuelle Legislaturperiode dargestellt wird. Im Aktionsprogramm Energie sind unter anderem konkrete Ausbauziele für Erneuerbare Energien bis 2022 genannt. Die Klimaneutralität soll in Bayern spätestens 2050 erreicht werden, in der Verwaltung bereits 2030. Zur Aufzeichnung der Vorstellung (Website der vbw) Zum 7. Monitoring der Energiewende Autorinnen und Autoren: Sven Kreidelmeyer (Projektleitung), Dina Tschumi, Andreas Brutsche, Christoph Thormeyer, Dr. Almut Kirchner Unsere Arbeiten zu diesem Thema Dr. Jan Trenczek bei Klausur des Expertenkreises Transformation der Automobilwirtschaft 2023 | Meldung Vor einem Jahr rief Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck den Expertenkreis ins Leben. Prognos leitet die Begleitforschung zur Klimabilanzierung in der automobilen Wertschöpfungskette. Mehr dazu Expertenkreis Transformation der Automobilwirtschaft 20. September 2023 | Event Dr. Jan Trenczek nimmt an der Ergebnispräsentation der Arbeitsgruppe „Dekarbonisierung der automobilen Wertschöpfungsketten“ im BMWK teil. Prognos begleitet die Arbeitsgruppe des Expertenkreises. Mehr dazu Ökologischer Fußabdruck der Pharmaindustrie in Deutschland laufend | Projekt Für den Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V. untersuchen wir die klimaschädlichen Emissionen, den Wasserverbrauch und den Energieverbrauch der deutschen Pharmaindustrie. Mehr dazu Kosten und Umweltwirkungen beim Import von Wasserstoff 2023 | Projekt Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein in der Energiewende. Welche Kosten und Umweltauswirkungen der Import von Wasserstoff verursacht, untersuchten Prognos, Öko-Institut und IREES für das BMWK. Mehr dazu Energieatlas 2023: Grüner Strom 2023 | Meldung Der Prognos Energieatlas 2023 zeigt, wie es um die Verfügbarkeit von grünem Strom steht – in allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten. Mehr dazu Klimapolitische Einordnung von LNG 2023 | Projekt Wie viel LNG darf es sein? Prognos erstellte für die Wissenschaftsplattform Klimaschutz der Bundesregierung (WPKS) zwei Studien, um dieser Frage zu begegnen. Mehr dazu Gasbilanz: Niedrige Einsparungen erhöhen das Risiko geringer Gasspeicherstände 2023 | Meldung Der hohe Füllstand der Gasspeicher sorgt aktuell für Entspannung, jedoch könnten die geringen Einsparungen zu Lasten der Speicherfüllstände im nächsten Winter gehen. Mehr dazu Gasverbrauch von Produktionsbereichen in Deutschland 2023 | Projekt Ein möglicher Baustein: Die Bundesnetzagentur beauftragte Prognos mit einer Studie, die eine Abwägung im Gasmangel-Fall unterstützen kann. Mehr dazu Gebäudestrategie Klimaneutralität 2023 | Projekt Wie kann der Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral werden? Im Auftrag des BMWK entwickeln wir Szenarien und erarbeiten Maßnahmen. Mehr dazu Beschleunigter Klimaschutz lohnt sich 2023 | Projekt Werden Ausbau erneuerbarer Energien und Umsetzung von Effizienzmaßnahmen beschleunigt, sinken die Strompreise schneller und das BIP wächst stärker. Das ergab unsere Kurzstudie für die INSM. Mehr dazu Roadmap Energieeffizienz 2045 laufend | Projekt Klimaneutralität lässt sich nur mit einer höheren Energieeffizienz erreichen. Das Dialogforum „Roadmap Energieeffizienz 2050“ der Bundesregierung erarbeitet konkrete Maßnahmen. Mehr dazu Gesamtwirkung von Klimawandel, Klimaschutz und Klimaanpassung auf die deutsche Wirtschaft laufend | Projekt Ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium wird erstmals die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser drei Bereiche gemeinsam abschätzen. Mehr dazu Ökologische Transformation und Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein 2023 | Projekt Wie viele Fachkräfte braucht Schleswig-Holstein für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen? Was sind die Schlüsselberufe für eine erfolgreiche Umsetzung? Mehr dazu Dekarbonisierung der Grundstoffindustrien in Deutschland 2022 | Projekt Welche klimapolitischen Maßnahmen den Umstieg auf emissionsarme Produktionsverfahren unterstützen können, zeigt eine Studie für die Bertelsmann Stiftung. Mehr dazu Energieperspektiven Schweiz 2050+ 2021 | Projekt Wie kann ein klimaneutrales Energiesystem in der Schweiz im Jahr 2050 aussehen? Für das Bundesamt für Energie hat Prognos die Energieperspektiven 2050+ modelliert. Mehr dazu 11. Energiewendemonitoring 2023 | Projekt Unsere Daten zeigen: Da insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren Energien lahmt, muss in den kommenden Jahren viel passieren, damit Deutschland seine Energie- und Klimaziele erreicht. Mehr dazu DG REGIO – Evaluation European Green Deal laufend | Projekt Wie gut hilft die EU-Kohäsions- und Strukturpolitik dabei, den grünen Wandel in Europa voranzutreiben? Diese und anderen Fragen gehen wir gemeinsam mit COWI, Milieu und CSIL im Auftrag der Europäischen Kommission (DG REGIO) nach. Mehr dazu Evaluierung und Weiterentwicklung des nationalen Emissionshandels (nEHS) 2022 | Projekt Im Auftrag des Umweltbundeamtes entwickeln wir gemeinsam mit dem FÖS und dem DIW geeignete Ansätze zur Wirkungsabschätzung des nEHS. Mehr dazu Energieperspektiven Schweiz 2050+ – Rolle des Wasserstoffs 2022 | Projekt Das Netto-Null-Szenario analysiert die Entwicklung des Schweizer Energiesystems hin zur Klimaneutralität 2050. In allen Varianten dieses Szenarios kommt Wasserstoff zum Einsatz. Mehr dazu Elf Maßnahmen, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen 2022 | Projekt Deutschland droht seine Klimaziele für 2030 zu verfehlen. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft schlägt elf Maßnahmen vor. Wir haben deren Klimaschutzwirkung im Verkehrs- und Gebäudebereich bewertet. Mehr dazu Adobe Stock - CleverStock Über Prognos Wir geben Orientierung. Prognos ist eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas. An der Universität Basel gegründet, forschen Prognos-Expertinnen und -Experten seit 1959 für verschiedenste Auftraggeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor – politisch unabhängig, wissenschaftlich fundiert. Mehr erfahren