Für die umlagefinanzierten Sozialsysteme und ihre finanzielle Nachhaltigkeit sind die Entwicklungen von Bevölkerung und Erwerbstätigkeit die zentralen Bestimmungsgrößen. Dies gilt aufgrund der langfristigen Wirkungen insbesondere für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Die Untersuchung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung macht deutlich: Die im Zuge der demografischen Entwicklung entstehenden Belastungen für das Rentensystem lassen sich nicht wegreformieren. Sie können lediglich in anderer Art und Weise über Zeit und Personen sowie Finanzierungssysteme (Umlage und Kapitaldeckung) verteilt werden. Reformen konnten Anstieg des Beitragssatzes deckeln Der Gesetzgeber hat seit der Jahrtausendwende mit mehreren Reformschritten reagiert. So konnte ein allzu deutlicher Anstieg des Beitragssatzes zur Rentenversicherung verhindert werden. Mit der Riester-Rente, dem Nachhaltigkeitsfaktor und der „Rente mit 67“ steigt der Rentenbeitrag bis 2050 „nur“ auf 24,4 Prozent. Ohne diese Maßnahmen wäre ein Anstieg auf knapp 29 Prozent zu erwarten gewesen. Die Entlastung des Beitragssatzes geht mit einer Absenkung des Leistungsniveaus einher. Das Nettorentenniveau vor Steuern sinkt von heutigen 48 Prozent auf voraussichtlich 41 Prozent in 2050. Ohne die Reformen würde das Rentenniveau lediglich um 1,5 Punkte schrumpfen. Da die GRV für die Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner auch weiterhin die wichtigste Einkommensquelle sein wird, wird die Absenkung des Rentenniveaus vielfach kritisiert. Eine Vielzahl von Vorschlägen zielt daher auf eine Stabilisierung des Leistungsniveaus und damit letztlich auf eine „Rücknahme“ der Rentenreformen seit der Jahrtausendwende ab. Studie untersucht Rentenreformen Konkret werden in der Studie eine Aufstockung der Nachhaltigkeitsrücklage, der Aufbau einer Demografiereserve, die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, Leistungsverbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie eine Stabilisierung des Leistungsniveaus durch Aussetzung des Altersvorsorgeanteils („Riester-Treppe“) und des Nachhaltigkeitsfaktors untersucht. Quantitativ sind vor allem Veränderungen an der Rentenanpassungsformel mit spürbaren Auswirkungen verbunden: Eine Weiterentwicklung der GRV in Richtung einer Erwerbstätigenversicherung hat im hier betrachteten Zeitraum stabilisierende Wirkungen. Durch die Einbeziehung zusätzlicher (junger) Beitragszahler „gewinnt“ das Umlageverfahren zunächst. Die Rentenansprüche dieser Beitragszahler beeinflussen die Rentenausgaben hingegen erst jenseits von 2050. Rentensystem bleibt unter Druck Da sich die demografischen Rahmenbedingungen nicht grundsätzlich verändert haben, bleibt das Umlageverfahren in allen Reformoptionen mittel- und langfristig unter Druck. Erneute Eingriffe in die Rentenanpassungsformel können zwar das Rentenniveau stabilisieren, bürden nachkommenden Generationen allerdings erhebliche Lasten auf. Die Berechnungen in der Studie zeigen die notwendigen finanziellen Ausgleichsmechanismen, die das Leistungsniveau der GRV dauerhaft bei etwa 48 Prozent stabilisieren können. Die Kosten dafür äußern sich in Form eines auf 26 Prozent steigenden Beitragssatzes sowie spürbar steigenden steuerlichen Zuschüssen zur Rentenversicherung. Zur Studie "Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung" (PDF) Zur Studie bei der Hans-Böckler-Stiftung Autoren: Dr. Oliver Ehrentraut, Dr. Stefan Moog Haben Sie Fragen? Ihr Kontakt bei Prognos Dr. Oliver Ehrentraut Partner, Direktor, Leitung der volkswirtschaftlichen Abteilung Profil ansehen Dr. Stefan Moog Senior Experte Profil ansehen Unsere Arbeiten zu diesem Thema Szenarien zur Reform der Pflegefinanzierung 2024 | Projekt Mehr Pflegebedürftige und steigende Kosten: Dass wir älter werden, stellt die Pflegeversicherung vor große Herausforderungen. Eine neue Analyse zeigt den künftigen Finanzierungsbedarf. Mehr dazu Neue Berechnungen zum Elterngeld: So hoch sollten die Beträge heute sein 2024 | Expertise Das Elterngeld wurde trotz Inflation seit der Einführung nicht erhöht. Wir zeigen, wie hoch Mindest- und Höchstbetrag heute sein müssten. Mehr dazu Präsentation der Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in der Kultur- und Kreativwirtschaft 15. Oktober 2024 | Event Auf der Veranstaltung werden die Ergebnisse unserer Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Soloselbstständigen und hybrid Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) vorgestellt. Mehr dazu Evaluation der Bundesempfehlungen zur Kurzzeitpflege laufend | Projekt Inwiefern vereinfachen die Bundesempfehlungen zur Kurzzeitpflege die Verhandlungen zur Vergütung der Leistungserbringer und erweitern das Angebot an Pflegeplätzen? Das evaluieren wir für das Bundesgesundheitsministerium. Mehr dazu Die wirtschaftliche und soziale Lage in kreativen Berufen laufend | Projekt In einer umfassenden Studie analysiert Prognos die soziale und wirtschaftliche Lage von freischaffenden und hybrid erwerbstätigen Kreativen. Die Ergebnisse dienen als Basis für zielgerichtete Verbesserungen. Mehr dazu 23. Humboldt-Symposium 22. Mai 2024 | Event Auf dem diesjährigen Humboldt-Symposium zum Thema Vermögensverteilung nimmt Dr. Oliver Ehrentraut am Panel „System in Schieflage: Wird die Zukunft der kommenden Generationen zerstört? Wie kann man die Rente retten?” teil. Mehr dazu Pflegeangebote digital suchen und vermitteln laufend | Projekt Über ein Online-Portal einen Pflegeplatz oder ein Unterstützungsangebot finden? Prognos untersucht für den GKV-Spitzenverband, wie digitale Tools für die Suche und Vermittlung von Pflege genutzt und weiterentwickelt werden können. Mehr dazu Der unsichtbare Wert von Sorgearbeit 2024 | Expertise 72 Milliarden Stunden: So viel unbezahlte Sorgearbeit leisten Frauen in Deutschland jährlich. In einem neuen Paper zeigen wir, welchen Wert unbezahlte Sorgearbeit hat und wie ungleich sie zwischen Frauen und Männern verteilt ist. 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Mehr dazu Qualitätsberichterstattung in neuen Wohnformen nach § 113b Abs. 4 SGB XI 2019 | Projekt In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland ein vielfältiges Spektrum an sogenannten neuen Wohnformen etabliert, in welchen Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarfen leben. Mehr dazu Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen 2019 | Projekt Prognos hat untersucht, mit welchen Kosten und Einnahmen auf staatlicher Seite Fördermaßnahmen für haushaltsnahe Dienstleistungen verbunden wären. Mehr dazu Auswirkungen des Imports von Arzneimitteln 2019 | Projekt Im Auftrag des Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands e.V. hat Prognos die finanziellen Auswirkungen des Importes von Arzneimitteln auf das Gesundheitswesen berechnet. Mehr dazu Berechnungen zur Respektrente 2019 | Projekt Wie wirkt sich das Vorhaben der Respektrente auf Rentner aus, die von der Regelung profitieren würden? Prognos hat Fallbeispiele für mehrere stilisierte Rentner-Typen berechnet. Mehr dazu Fortschrittsindex Vereinbarkeit: Unternehmensbefragung 2019 | Projekt In mehr als 600 Unternehmen wurden praxisnahe und belastbare Kennzahlen zum Thema Vereinbarkeit aus dem Personalwesen erhoben. Mehr dazu Adobe Stock - CleverStock Über Prognos Wir geben Orientierung. Prognos ist eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas. An der Universität Basel gegründet, forschen Prognos-Expertinnen und -Experten seit 1959 für verschiedenste Auftraggeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor – politisch unabhängig, wissenschaftlich fundiert. Mehr erfahren